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Wir starteten am Flughafen Stuttgart. Etwas irritierend war, daß der Counter für die Istanbul-Flüge sehr abseits gelegen ist. Wir fanden dort bereits eine riesige Menge türkischer Mitbürger vor, die Gepäck in Mengen hatten, die man sich als normal Reisender nicht vorstellen kann. Als erstes wurden die Koffer durchleuchtet. Jeder zweite Reisende mußte seinen Koffer bzw. irgendeine mitfliegende Kiste öffnen. Es war sehr interessant zu sehen, welche Gegenstände offensichtlich in der Türkei Mangelware sind. U. a. kam eine Motorsäge zum Vorschein.
Aufgrund der anstehenden Menschenmenge dachten wir, daß es sich bei dem Flugzeug um einen Jumbo-Jet handeln müsse, den so viele Menschen passen einfach nicht in einen Airbus 320. Wie sich nacher herausstellte, hatten viele Mitflieger wohl ihre komplette Familie zum Verabschieden mitgebracht.
Der Flug war bis auf den Landeanflug sehr angenehm. Wir sind das erste Mal mit Atlas-Jet geflogen. Die Beinfreiheit war auf alle Fälle größer als bei SkyAirlines. Auch waren die Sitze bequemer. Das Personal sprach in Teilen sehr gut Deutsch und Englisch. Der Verpflegung war halt das Übliche. Aber lecker. Über dem Bosporus hatten wir einige Turbolenzen, was meinen Nebenmann dazu veranlaßte die Hände über die Ohren zu legen und die ganze Zeit "Allah-Allah" zu rufen. Er erklärte mir dann, daß er Flugangst habe. Als ich ihn dann in ein Gespräch verwickelte, schien er erleichtert zu sein, dann die Flugangst ging dadurch verloren.
Am Flughafen angekommen, ging es erstmal durch den Zoll. Da zeitgleich mit uns Maschinen aus Großbritannien, Rumänien und den GUS angekommen sind, war natürlich Trubel angesagt, denn dort landen die Maschinen im 2-Minuten-Takt. Bewundernswerterweise stellten sich alle Passagiere ordentlich in die entsprechenden Schlangen an. Außer den GUSlern und den Rumänen. Die gingen teilweise rotzfrech zum Schalter vor. Ein Zöllner griff dann hart durch und stellte diese Mannschaft komplett nach hinten. Es dauerte allerdings nicht lange, da standen sie wieder vorne. Etwas unzivilisiert. In Istanbul wird sehr gründlich kontrolliert.
Als wir aus dem Zoll-Bereich herauskamen, sahen wir gleich das Schild unseres Reiseveranstalters. Man muß sich das so vorstellen, man kommt heraus und da stehen 100er von Leuten mit Pappschildern in allen möglichen Schriften und Sprachen und warten auf die Reisenden. Das Schild von Öger war aber nicht zu übersehen.
Ab in den Bus. Dort warteten wir dann noch ca. 45 Minuten, bis alle Reisenden endlich dort waren. Eigentlich waren schon alle vorher da, aber zwei Damen haben sich einfach nicht beim Reiseleiter gemeldet und dieser wartete dann vergebens im Flughafen.
So startete dann also unsere erste Bustour. Unser Hotel war das Dritte, welches angefahren wurde. Das Hotel Pierre Loti macht schon von außen einen vernünftigen Eindruck. Die Lage ist optimal. Die Zimmer sind einfach eingerichtet, aber sauber. Wir hatten ein Zimmer mit Blick zur Straße und den entsprechenden Geräuschpegel. Das Hotel liegt an der Ecke Piyer-Loti-Cad./Divanyolu Cad. Von dort sind es zu Fuß ca. 10 Minuten bis zur Blauen Moschee/Haghia Sofia zur rechten Seite und ebenso lange bis zum Großen Bazar zur linken Seite.
Aufgrund dessen, daß es bereits 18.30 Uhr Ortszeit war, haben wir nur unser Gepäck im Zimmer abgelegt und sind gleich auf Erkundungstour gegangen. Erstmal links herum. Es fiel uns gleich auf, daß die Straße ziemlich männerlastig war. Sowohl bei den Passanten als auch bei den Geschäftsleuten. Da meine Tochter sehr hellblonde Haare hat und ich einen petrolblauen Mantel trug, fielen wir in der schwarz-grau gekleideten und -behaarten Menge natürlich sofort auf. Wir sind bereits von unseren Urlauben in Side gewöhnt, angesprochen und angestarrt zu werden, aber die Dreistigkeit der Männer – vor allen Dingen der jungen – übertrifft bei weitem die der Männer an der Riviera. Meine Tochter war kurz davor, sich die Haare zu färben. Wir sind dann bis zur Beyazit-Moschee gelaufen (da befindet sich auch der Weg zum Großen Bazar) und dann wieder zurück bis zum Blauen Moschee. Der Anblick hat uns überwältigt. Die Lage ist einmalig. Zwischen beiden Kirchen befindet sich eine wunderschön gepflegte Grünanlage in der zur Zeit tausende Tulpen, Stiefmütterchen etc. blühen. Außerdem sind mehrere Springbrunnen dort. Wir haben dann Fotos in der Dämmerung machen können, die auch ihren Reiz haben. Auf der anderen Seite gingen wir dann zurück um endlich zu Essen, denn unsere Mägen knurrten langsam. Auf der Seite, auf der die Haghia Sofia liegt, befinden sich, wenn man wieder in Richtung Gr. Bazar läuft, viele Restaurants und Lokantas. Wie üblich, wird man alle fünf Meter angesprochen. Aufgefallen an diesem Abend ist uns bereits "Baran 2", eine Lokanta mit typisch türkischen Gerichten, einfach eingerichtet. Dazu aber später mehr. Wir sind dann allerdings im "Cozy Pub" gelandet. Ein gemütliches kleines Pub. Wir hatten einen Tisch am Fenster mit Blick auf die Blaue Moschee. Die Preise entsprechen unserem Niveau. Was man beachten muß ist, daß in den Restaurants die Getränke höher sind, als die der Speisen. Wir haben dann auch eine saftige Rechnung bekommen: 2 x Tagliatelle Gorgonzola, 1 Wasser, 1 Efes und 1 Raki: 44,00 YTL incl. 10 % Tip. Wir haben also gleich gelernt.
Nach dem üppigen Essen sind wir dann nochmal etwas herumgeschlendert und wurden von einem netten türkischen Herrn angesprochen, den ich sehr erschreckt habe, was mir aber gar nicht bewußt war. Dieser Mann sprach uns auf Englisch an, ob er uns helfen könne. Leider habe ich mich auf etwas anderes konzentriert und nicht richtig hingehört sondern "Can I show you my hobby" verstanden, was mich zu dem Ausruf "Ayip!" veranlaßte. Meine Tochter fragte mich daraufhin, ob ich noch alle Latten am Zaun habe und erzählte mir die ganze Situation nochmal. Dieser Herr habe ganz erschrocken geguckt und im Laufschritt die Fluch ergriffen. Ich habe das gar nicht registriert. Oh, war mir das peinlich. Wir haben dann noch den ganzen Abend so drüber gelacht, daß mir bei unserer nächsten Einkehr die Tränen gelaufen sind und der Kellner an den Tisch kam und fragte, ob ich ein Problem hätte und er mir helfen könnte.